HACKS/HURZLMEIER: „DIE DINGE IN BUTA"

Ein kleiner, herrlich verdorbener Geniestreich ist die freche Kurzprosa „Die Dinge in Buta" mit einem vermutlich über 30 Jahre alten Text vom DDR-Literaten Peter Hacks in Verbindung mit schrägen Illustrationen von Rudi Hurzlmeier. Die kurze Geschichte von dem wunderlichen Land Buta, in das ein Geschäftsmann 1200 Peltonturbinen verkaufen will, führt schnurstracks in eine Gesellschaft, in der die Sitten auf seltsam perverse Weise verkehrt sind.

Als Ferdinand, der ahnungslose mit dem Geschäft betraute Sohn des Kaufmanns, im fremden Hotel aufwacht, wird kein Frühstück kredenzt, dafür lässt ihn das Zimmermädchen aber auch erst nach einer handbetriebenen sexuellen Erleichterung an die Arbeit gehen. Bei Geschäftspartner Komsy empfängt ihn zunächst dessen Söhnchen mit versauten Versen, dann begrüßt ihn die liederliche Tochter des Hauses. Die Minderjährige reicht ihm artig die eine Hand, während die andere ungeniert fortfährt, im Schlüpfer fürs Wohlergehen zu sorgen.

Ferdinand findet das butanische Lustprinzip durchaus nicht unangenehm, lästiger ist da schon die Abwesenheit jeglichen kulinarischen Genusses. Dass man nicht einmal darüber sprechen darf, macht ihm der sonst so freizügige Komsy klar, als Ferdinand sich in seinem quälenden Hunger erdreistet, um etwas Essbares zu bitten, und sei es nur ein Butterbrot. Den Rauswurf nimmt Ferdinand ziemlich übel und schließt sich umgehend Gesinnungsfreunden an, die sich heimlich dem Essgenuss hingeben, ja, er wird sogar zum Rädelsführer der Revoluzzer, die das Tabu der Nahrungsaufnahme in aller Öffentlichkeit brechen wollen.

Welch eine herrlich satirische Parabel auf den verklemmten Umgang der Bürger mit der Sexualität als natürlichem Lebensvorgang, Essen und Trinken dagegen als strafbare obszöne Handlung, das war nicht nur in den 70er Jahren eine hinterfotzige Farce. Und Hacks verwendet dabei eine wunderbar distingierte Sprache, die allerdings lustvoll mit „Pfui-Wörtern" um sich wirft. Dem fügen die fast biedermeierlichen Illustrationen des „Titanic"-Kartoonisten Hurzlmeier mit liebevoll unanständigen Details eine kraftvolle Würze hinzu. Bleibt nur zu wünschen: „Guten Appetit!". Aber leise bitte...

 

# Peter Hacks/Rudi Hurzlmeier: Die Dinge in Buta; 48 Seiten, farbig ill.; Kein & Aber, Zürich;

€ 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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