MARKUS ZUSAK: „JOKER"

15 Minuten lang wird Ed Kennedy unfreiwillig zum Helden, als er einen tolpatschigen Bankräuber zur Strecke bringt. Ansonsten ist der 19-jährige Taxifahrer ein ziemlicher Rumhänger, der seine Zeit mit seinen Kumpels beim Kartenspielen und Trinken vertrödelt. Diese eine Heldentat jedoch bringt etwas in Bewegung mit ungeahnten Folgen, als er nämlich kurz darauf eine Spielkarte, ein Karo-As, in seinem Briefkasten findet.

Damit beginnt „Joker", ein ebenso spannender wie ungewöhnlicher Jugendroman von Markus Zusak, der in dessen australischer Heimat bereits bereits hohe Auszeichnungen erhielt. Zu recht, denn was sich mit der auf die Spielkarte gekritzelten Botschaft entwickelt, ist eine faszinierende Geschichte, die bis zur letzten Zeile fesselt und dabei mit immer neuen Überraschungen und manch skurriler Situationskomik aufwartet.

Der recht weltfremd in seiner Bruchbude mit dem stinkenden Hund „Türsteher" vor sich hinlebende Ed, den nicht einmal seine Mutter liebt, wird durch das Karo-As zu drei Adressen geschickt. Hier begegnet er jeweils Schicksalen, bei denen er sich notgedrungen aufraffen mus, um helfend einzugreifen. Prompt kommt das nächste As und die Aufgaben erfordern allerhand Körpereinsatz, bei dem eigene Blessuren nicht ausbleiben. Je mehr Ed dazu gebracht wird, Initiativen zu ergreifen, desto mehr ändert sich auch sein Leben und er sich mit ihm. Dennoch bleibt das Rätsel des geheimnisvollen Auftraggebers in dem sonst so realen Geschehen.

Mit knochentrockenem Sarkasmus schildert Ich-Erzähler Ed seine ungewollten Abenteuer aber auch seine hoffnungslose Sehnsucht nach Audrey, die er seit Kindheitstagen liebt, ohne dass sie je mehr als eine Freundin geworden wäre. Gleichwohl gehören gerade die Szenen mit ihr und den ebenfalls wenig lebenstüchtigen Freunden Marv und Ritchie zu den schönsten in dem bewegten Reigen. Was maßgeblich an den starken Charakteren liegt, die der Autor bis hin zum treuen „Türsteher" meisterhaft gezeichnet hat.

Derweil steigern sich die Missionen, zu denen Ed per Spielkarten aufs neue und zuweilen auch mit körpernahem Druck aufgefordert wird. Das Ende des durch und durch filmreifen Geschehens soll hier nicht verraten werden, denn es lässt den Leser ebenso begeistert wie nachdenklich zurück. Markus Zusak überzeugt dabei mit einer rauen Sprache, die unprätentiös daherkommt und dennoch von hinreißender Poesie ist. Trotz einiger Härten ist „Joker" ein zutiefst menschliches Buch, das deutlich macht, wie ein Einzelner durch sein Tätigwerden das Leben Anderer und damit auch sein eigenes ändern und wertvoller machen kann. Fazit: ein Roman, der berührt und zugleich ein riesiges Lesevergnügen nicht nur für jugendliche Leser ist.

# Markus Zusak: Joker (aus dem Englischen von Alexandra Ernst); 445 Seiten; cbj, München;

€ 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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