|
NORBERT ZÄHRINGER: "ALS ICH SCHLIEF"
Wenn einer Alp mit Vornamen heißt und auch noch im Koma liegt, ist er ein idealer Erzähler der abstrusesten Geschichten, deren spezielle Eigenart es ist, dass sie alle irgendwie, irgendwann und irgendwo miteinander zu tun haben. Schuld daran ist der Zufall, vor dem niemand sicher scheint, und natürlich dieser begnadete Fabulierkünstler Norbert Zähringer.
Sein neuer Roman "Als ich schlief" beginnt mit Ismael Khan, der 1985 über West-Berlin aus dem Fahrgestellschacht eines Flugzeuges fällt und überlebt, weil er in einem Papiercontainer landet. Vor den Füßen von Wirtschaftsstudent Paul Mahlow, der am Flughafen jobbt und den Jungen ins Krankenhaus bringt. Genau dort wurde auch Alp Tazafhadi eingeliefert, der bei einer Demo ins Koma gepürgelt wurde und nun als allwissender Erzähler über den Dingen schwebt und kunstvoll die merkwürdigsten Paralleluniversen zusammenknüpft, wo jeder mit jedem auf eine atemberaubende Art und Weise zu tun hat.
Kein Wunder, wenn dann auch eine trinkfeste Radikalfeministin mitmengt und ein mobiler Quacksalber. Oder ein richtiger Arzt, der seltsame Dr. Arnold Zumvogel, der sich nicht nur als Alps Großvater herausstellt, sondern auch geheimnisvolle Forschungen an einem Institut in New Mexico betreibt. Dieser Arzt will Ismael wegen seines verlorenen Gedächtnisses für Versuche in experimenteller und angewandter Weltraummedizin nach dort mitnehmen. Schwebegeist Alp aber graust es bei dem Gedanken, denn sein heimlicher Opa war einst ein unheimlicher SS-Arzt, der nun gern seine KZ-Experimente fortführen möchte.
Das aber sind nur einige der vielen Fäden, die Zähringer ebenso lustvoll wie mit virtuoser Leichtigkeit auslegt, um sie immer wieder aufs Neue dem raffiniert gestrickten Zufall zu überlassen. Das ist dann mal urkomisch, mal böse satirisch und es wird gern auch mal mit Entsetzen Scherz getrieben, stets jedoch intelligent und mit viel Sprachzauber. Es gelingt dem Autor wie nur wenigen, eine derartige Melange von Zufällen und Blödsinn zu einem köstlichen Lesevergnügen zu machen.
|
