WOLFGANG HOHLBEIN: "DAS PAULUS-EVANGELIUM"

Seit Dan Browns "Da Vinci-Code" als Buch ("Sakrileg") und nun auch noch als Film ein Welterfolg ist, gibt es heftige Kritik der katholischen Kirche an den fiktiven Thesen um das Liebesleben Jesu, weil derartig von der offiziellen Lesart der Bibel abweichende Darstellungen angeblich gläubige Christen verwirren und beleidigen. Was aber, wenn jemand dieser Fiktion eine weitaus heftigere folgen ließe, die gleich das gesamte Christentum erschüttern müsste, wenn sie denn wahr wäre?

Genau das tut Wolfgang Hohlbein, einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller, mit seinem neuen Roman "Das Paulus-Evangelium", mit dem er an Browns Thrillern inhaltlich und in der Rasanz auf der Überholspur vorbeizieht. Schon die Einführung lässt stutzen, denn sie schildert die Verhaftung Jesu im Garten Geth-semane, doch einiges dabei weicht von der Bibel ab. Vielleicht nur, weil es eine technisch hochmoderne Computeranimation ist. Allerdings beruht diese auf alten Schriftrollen, die im 79 nach Christus verschütteten Herculaneum gefunden wurden und offenbar das als verschollen geltende Evangelium des Paulus enthalten.

Als Kardinal di Milani die Szenen erstmals im extrem geheimen Computercenter unter dem Sommersitz des Papstes in Castel Gandolfo sieht, weiß er, dass diese Aussagen des Augenzeugen Paulus Sprengstoff für das gesamte christentum wären: nicht Jesus sondern sein Jünger Petrus starb am Kreuz, also keine Auferstehung, kein Pfingsten – der Urspung des Christentums ein Lügengebäude?! Doch der Kardinal ist ohnehin ein Fanatiker, der als "Schwert Gottes" Papst werden und ein christliches Gottesreich schaffen will, also darf die Welt niemals von den Schriften erfahren.

Doch es passiert das Undenkbare, denn die Kölner PC-Spezialisten Guido und Marc betätigen sich gern als Hacker und dem genialen Chaoten Guido gelingt es auf für unmöglich gehaltenen Wegen über das Stromnetz ausgerechnet in das Vatikan-Programm einzudringen, das aus Sicherheitsgründen nicht mal einen Internetanschluss hat. Die Hacker ahnen nichts von der Tragweite ihres Download, finden ihn aber genau passend als Abschiedsgeschenk für ihren Freund Johannes, einen angehenden Priester. Die Mönche in Castel Gandolfo jedoch haben das Eindringen in ihr Programm mit Entsetzen entdeckt, der Kardinal aber kennt in seinem fundamentalistischen Wahn keine Skrupel und beauftragt unverzüglich zwei hochkarätige Spezialisten, um die "Sünder" samt ihrer gefährlichen Beute unschädlich zu machen.

Ein Geheimdienstexperte und eine Killer-Priester eröffnen eine ebenso gandenlose wie tödliche Jagd, doch nicht nur sie jagen Marc, nachdem Guido seinen Erfolg keine zwei Tage überlebt hat. Untertauchen, Verhaftung, Befreiung durch die falschen Helfer, Verzweiflung und schließlich die Flucht nach Israel, wo der ahnungslose Johannes nicht weiß, dass Guido die fatale DVD Stunden vor seinem Tod an ihn abgeschickt hat. Und wo nun dessen schöne Halbschwester Jezebel durch Marc und seine Häscher in Lebensgefahr gerät. Wie aber soll Marc 'die Guten' davon überzeugen, dass sie die Datenbank des Vatikan geknackt haben und man von dort Killer auf sie gehetzt hat? Mehr soll von der fesselnden Geschichte nicht verraten werden, die auch dank hervorragender historischer und technischer Recherche überzeugt.

Das ist zupackend und schnörkellos erzählt und wenn an einigen Stellen auch kleine Straffungen wünschenswert gewesen wären, so wird das durch rasante Actionszenen allemal ausgeglichen. In einer kleinen Anmerkung wird der Da-Vinci-Code erwähnt, doch was ist schon Jesu angebliches Liebesleben gegen dieses absolut filmreife Paulus-Evangelium mit seiner Sprengkraft?!

 

# Wolfgang Hohlbein: Das Paulus-Evangelium; 703 Seiten; Egmont VGS, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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