LINDA STIFT: "KINGPENG"

Souverän hingehauen möchte man "Kingpeng" nennen, den Debütroman der Österreicherin Linda Stift. Da wechseln sich die Geschwister Kinga und Nick nicht nur ständig beim Erzählen aus einem Jahrhundertsommer in Wien ab, die gar nicht sonderlich ereignisreiche Geschichte schillert zudem vor Vieldeutigkeit.

Kinga betreibt einen Cateringsservice mit ihrem Bruder. Seit acht Jahren lebt sie an seiner Seite, trägt mit Vorliebe seine benutzten Boxer-Shorts, wogegen Nick unter einem Reinlichkeitszwang leidet. Zuweilen hat sie 'Ausfälle' mit völliger Amnesie, die mit ihrem Horn zu tun haben könnten, einer Art Überbein hinterm Ohr.

Bewegung scheint in ihren Alltag zu kommen, als sie zu den feiernden reichen Leuten von gegenüber gerufen werden. Bald kommt dort Butler Pavel unter rätselhaften Umständen um. Kinga lässt sich mit dem übelriechenden Karl ein, während Nick ohne Leidenschaft mit dessen Frau Rufina schläft, obwohl ihr Gesicht auf unappetitliche Weise schmierig zu werden pflegt. Ohnehin geht es ausgesprochen körperlich zu bis hin zu Notdurftverrichtungen und allerlei sonst Unappetitlichem. Kinga offenbart dazu eine stark morbide Ader, über allem liegt ein Hang zum Ekligen und stets spielen Gerüche eine subtile bis prägende Rolle.

Vieles bleibt im Dunkeln, je mehr scheinbar offenbart wird. Sind Kinga und Nick mehr als ein Geschwisterpaar oder halluzinieren sie nur zeitweilig davon? Hat Kinga etwas zu tun mit dem Mord an Pavel? Zuweilen fühlt man sich an die Obessivität von Polanskis "Ekel" erinnert, zugleich gelingt der Autorin mit elegantem Schreibstil trotz mancher düster morbiden Passagen ein Roman von ebenso überraschender wie irritierender Leichtigkeit. Fazit: ein beeindruckendes Debüt, aber nichts für Ästheten mit empfindlichem Magen.

 

# Linda Stift: Kingpeng; 157 Seiten; Deuticke Verlag, Wien; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 340 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de