WOLFGANG FLÜR: "ICH WAR EIN ROBOTER"

Als Wolfgang Flür 1999 ein autobiographisches Buch über seine Zeit als Drummer der weltberühmten deutschen Kultband "Kraftwerk" herausbrachte, konterten die Band-Köpfe Ralf Hütter und Florian Schneider sofort mit einer einstweiligen Verfügung. Flür sei damals 1974 gar nicht der Drummer des Welthits "Autobahn" gewesen und auch andere Passagen des Buches seien falsch.

Bis vors Landgericht Hamburg ging der Rechtsstreit zwischen Flür, der von 1974 bis 1986 zur erfolgreichsten Phase Mitglied der Band war, und den so cool und unnahbar auftretenden Bandgründern. Offenbar störte sie der viel zu menschliche Blick hinter die Fassade der von ihnen propagierten "Mensch-Maschine" und deren doch recht menschliches Gebaren. Flür obsiegte fast auf ganzer Linie, während die wenigen Exemplare der Erstauflage seines Buches zu wertvollen Raritäten wurden.

In einige Textstellen verändert und reduziert um einige Fotos ist die faszinierende Schilderung der Innenansichten der wohl erfolgreichsten deutschen Musikgruppe jetzt wieder auf dem Markt. Und unter dem Titel "Ich war ein Roboter" ist es zusätzlich angereichert um Kapitel über den Rechtsstreit, aber auch ein sehr erhellendes über die ersten Gehversuche von Kraftwerk vor Flürs Zeit. Die Düsseldorfer wurden mit ihrem Elektronischen Minimalismus in den Hochzeiten der 70er und 80er Jahre als Erfinder des Technopop zum Vorbild vieler Bands, man denke nur an OMD oder Depeche Mode.

Die Attitüde der Kraftwerker war dabei stets höchst unprivat und cool bis arrogant. Flür jedoch erzählt aus bewusst subjektiver Sicht und dabei mit sehr lebendiger und ungekünstelter Sprache von verdammt menschlichen Seiten der Musiker und nicht alles bleibt da so gelackt und obercool wie immer vorgeführt. Und der Insider hat inzwischen Kenntnisse aus der Zeit in Deutschlands innovativstem Tonstudio - dem des 1987 verstorbenen Klang-Tüftlers Conny Plank - wer jenen bahnbrechenden Sound tatsächlich maßgeblich kreiert hat.

Das Buch ist eine Fundgrube für jeden, der an deutscher Pop-Musik mit internationaler Bedeutung und ihrer Entwicklung interessiert ist. Zugleich wird der Mythos Kraftwerk zumindest teilentzaubert. Beigefügt ist außerdem eine CD mit Beispielen aus Flürs aktuellem Musikprojekt "Yamo".