GUNNA WENDT: "CLARA UND PAULA"

"Die Mädchen in Weiß" nennt Rainer Maria Rilke die jungen Malerinnen Paula Becker und Clara Westhoff, als er ihnen im Sommer 1900 in der Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen begegnet. Sie selbst sprechen von sich stolz und aufbegehrend als von den "Malweibern" und kämpfen gegen die Vorurteile der damaligen Gesellschaft, nach der Frauen keine künstlerische Schöpferkraft haben, weshalb sie auch keinen Zugang zu staatlichen Kunstakademien bekommen.

"Clara und Paula – Zwei Freundinnen und Künstlerinnen" heißt die romanhafte Doppelbiographie, die Gunda Wendt über die jungen Frauen geschrieben hat, die seit ihrer Begegnung 1898 in Worpswede schnell zu Schwestern im künstlerischen Geiste werden. Und sie blühen auf, denn die dortigen Künstler fördern ihre Talente. Dabei hatten beide Frauen ohnehin das große Glück, dass Paulas Mutter und Claras Vater den künstlerischen Ambitionen positiv gegenüberstanden. Gemeinsam genießen die kleine muntere Paula und die große introvertierte Clara Aufenthalte in Paris und dort insbesondere beim Bildhauer-Genie Auguste Rodin. Ihm folgt die willensstarke Clara in ihrer weiteren Entwicklung, indem sie sich fast völlig diesem Metier zuwendet.

Zugleich wird ihre Freundschaft durch Rilke belastet, denn nach anfänglicher vermeintlicher Seelennähe zu Paula eröffnen Clara und der aufstrebende Dichter dieser 1901 ihre Heiratspläne. Es kommt zum Zerwürfnis zwischen den Frauen, das Rilke egozentrisch schürt. Doch auch diese Ehe wird durch Rilkes Höhenflüge unglücklich und Clara verschließt sich völlig. Paula leidet unter dem Verlust der Freundin und 1905 trennt sie sich auch zeitweise von ihrem Mann, dem Maler Otto Modersohn, um mehr Selbstverwirklichung zu erreichen. Nach großem künstlerischen Aufschwung in Paris kehrt sie jedoch zu ihm zurück und stirbt mit 31 Jahren im November 1907 kurz nach der Geburt ihrer Tochter.

Die intensiv recherchierte und einfühlsam dargelegte Künstlerbiographie eröffnet tiefe Einblicke in das künstlerische Bewusstsein, in die Intentionen dieser ungewöhnlichen Frauen und ihren ebenso willenstark wie zuweilen naiv geführten Kampf um die Selbstbehauptung in einer absoluten Männergesellschaft.

 

# Gunna Wendt: Clara und Paula. Zwei Freundinnen und Künstlerinnen; 280 Seiten, div. Abb.; Europa Verlag, Hamburg; € 19,90 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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