DANAE COULMAS: "SCHLIEMANN UND SOPHIA"

Wer kennt es nicht, das berühmte Bild der Griechin, geschmückt mit dem echten 'Schatz des Priamos'? Es zeigt Sophia Schliemann, die schöne junge Frau an der Seite des Troja-Entdeckers Heinrich Schliemann. Der egomane Forscher hatte sie nach exakten Kriterien ausgesucht, doch sie ließ sich nicht in sein Wunschschema pressen und Konflikte konnten nicht ausbleiben.

Dennoch oder gerade deshalb ist "Schliemann und Sophia" nicht nur die fesselnde Biografie eines schillernden Paares, es ist zugleich eine ebenso ungewöhnliche wie faszinierende Liebesgeschichte, die die in Köln lebende griechische Autorin Danae Coulmas verfasst hat. Als die 17-jährige Sophia den Zukünftigen 1869 erstmals sah, war sie entsetzt, denn der deutsche Millionär war alles andere als attraktiv: klein von Wuchs mit auffallend großem Kopf. Obendrein war er bereits 47, geschieden und Vater von drei Kindern.

Sie dagegen entsprach ganz seinen Anforderungen einer "homerbegeisterten schönen Griechin". Vermittelt wurde die Verbindung von Bischof Vimbos, Freund Schliemanns und Sophias Onkel. Todunglücklich leidet sie nach der Hochzeit im selben Jahr körperlich und seelisch und der Arzt weißt nur eine Hilfe: Schliemann müsse sich für geraume Zeit von ihr fernhalten. Eine Therapie, der sich dieser tief verletzt beugt.

Zu dieser Zeit beginnt der leidenschaftliche Dilettant mit hartnäckiger Energie und dem selbst erarbeiteten Reichtum jedoch bereits mit dem Projekt Troja, das der Archäologie in ungeahnter Weise zum Durchbruch verhelfen sollte. Zugleich fördert er selbst von Beginn an die Legende vom großen "Paar der Archäologie" und krönt die schon drei Jahre später mit dem berühmten Bild der "homerischen Frau" mit dem trojanischen Schmuck, das um die Welt ging.

Geschildert wird der geradezu wahnhaft nach Troja führende Weg eines Mannes, der ein Hasardeur wie auch ein Genie auf dem Gebiet der Altertumsforschung war. Der Zweck heiligte die Mittel dabei wie im Privaten und sein Verhalten hat wenig Vornehmes. Doch während Sophia an psychosomatischen Krankheiten leidet, macht Schliemann im April 1870 seine erste, ungenehmigte Ausgrabung auf dem Hügel Hissarlik in der westlichen Türkei – dort wo er Troja vermutet. Nach schweren Ehekrisen gibt es mit der Geburt des ersten Kindes im Mai 1871 endlich auch Liebesglück und drei Monate später erhält der ungeduldige Forscher die Ausgrabungsgenehmigung.

Und der Visionär findet das vermeintlich nur in Homers 'Ilias' existierende Troja, das gut 3.000 Jahre vorher unterging. Für die eigene Ruhmesgeschichte dichtet er das Dabeisein Sophias für die Nachwelt hinzu, obwohl sie wegen des Kindes erst im Mai 1872 bei den zweiten Grabungen hinzustößt. Am 5. August 1873 schließlich geht die Sensationsmeldung um die Welt: Schliemann hat Troja entdeckt! Doch nun setzt neben Neid und endlosen Kontroversen um den Wert der Entdeckung auch das Gezänk ein um den Anspruch auf die unschätzbaren Funde. Höhen und Tiefen bleiben im Privaten wie im öffentlichen Leben weiterhin die steten Begleiter des Paares.

Das Alles fügt die Autorin zu einer wild bewegten Biografie und das vielleicht ungewöhnlichste daran ist, dass die Tatsachen um Schliemann und Sophia sich als noch spannender erweisen als die von dem Sprachgenie (20 Sprachen!) in seinen Büchern gesponnenen Legenden. Gekrönt wird dieser hinreißende Bericht über das berühmte Paar mit viel Zeitkolorit und zahlreichen wenig bekannten Details aus Schliemanns verwegener Arbeit. 

 

# Danae Coulmas: Schliemann und Sophia; 302 Seiten, div. Abb.; Piper Verlag, München; 36,00 DM

(öS 263,-/sFr 33,00/€ 18,50WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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