WILLI WINKLER: "BOB DYLAN EIN
LEBEN" "Dylan ist ein bedeutender amerikanischer Poet
und Sänger des 20. Jahrhunderts, dessen Worte viele Generationen in der ganzen Welt
beeinflusst haben. Er verdient den Nobelpreis in Anerkennung seiner gewaltigen und
universellen Fähigkeiten" Mit diesen Worten wurde Bob Dylan für den
Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen. In der Tat ist der Künstler ein begnadetes
Dreifach-Genie, denn außer als Mann des Wortes und der Bühne ist er auch noch ein wahrer
Mozart als Komponist der so genannten Populär-Musik, an dessen reichem Schaffen sich
selbst die Beatles kaum messen können. Früher Aufstieg, radikale Umbrüche, Abstürze
und wieder auf dem Olymp eine Legende und das, obwohl er noch lebt und am 24. Mai
als frisch gekürter Oscar-Preisträger (Bester Filmsong) seinen 60. Geburtstag feiert. Doch wer ist dieser irrlichternde, scheue, bissige,
intellektuelle Künstler, der einst als Sprecher einer ganzen Generation galt und
gemeinsam mit den Beatles zur Leitfigur der 60er Jahre wurde? Willi Winkler gelingt es in
seiner Biografie "Bob Dylan Ein Leben", den Schleier der vielen
Geheimnisse, Fantasiemeldungen und Überinterpretationen ein wenig zu lüften. Da erschien
dieser Jüngling kleinbürgerlicher jüdischer Herkunft aus der Provinz in Minnesota 1961
in New York, konnte über 100 Folksongs singen und wollte groß wie Elvis und Buddy Holly
werden. Dazu hatte sich Robert Zimmerman nach dem soeben gestorbenen Dichter Dylan Thomas
benannt und eiferte dem verehrten Woodie Guthrie nach. Schon bald schrieben Kritiker,
Dylan platze vor Talent aus allen Nähten. Mag er anfangs seine Idole kopiert haben, ließ
er sie schnell hinter sich und galt schon 1963 als der politische Sänger Amerikas. Und dann brachen 1964 die Beatles in die flach
gewordene Musikszene ein und spülten den Weg frei für die neue Generation. Dylan aber
brachte den Beatles bei, den Songs auch Texte mit Bedeutung zu geben. Keiner jedoch
erreichte je seine Meisterschaft, wie am 9. Juni 1964, als er sein drittes Album mit
Highlights wie Dann im Juli 1966 der mysteriöse Motorrad-Unfall,
Dylan tot, mindest schwerstbehindert oder willkommenes Alibi für eine Pause von
Tourneen und Schreiben? Tatsache sind Familienleben mit Sara und vier Kindern, die
"Basement Tapes" mit The Band und ein paar Füll-Alben für die Fans. Bis 1974 ein gewandelter Dylan wieder auf Tour geht
und 1975 mit "Blood on the Tracks" erneut ein Super-Album vorlegt. Aber er
bleibt ein Chamäleon und driftet Ende der 70er Jahre sogar ins verquast Religiöse ab
samt gespenstischer Abkehr vom eigenen Repertoir und sich selbst. Er scheitert wiederholt,
als wolle er seine berühmte Zeile "There is no success like failure" selbst
unter Beweis stellen. Bis er in den 90er Jahren seine Fans durch ständige Tourneen,
"sein" Repertoir, Folk-Alben und schließlich das grandiose Spätwerk "Time
out of Mind" (1997) versöhnt. Gerade im letzten Kapitel über Dylans
never-ending-tour brilliert der Autor in hervorragender Realsatire. Wie Winkler ohnehin
bei aller Verehrung stets den nötigen kritischen Abstand bewahrt. So ist das Werk auch
für Nicht-Dylanologen ein hochinteressantes Stück Künstlerbiografie. |
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# Willi Winkler: Bob Dylan Ein Leben; 206
Seiten; div. Abb.; Alexander Fest Verlag, Berlin; 49,80 DM (öS 364,00/sFr 46,00/ 25,50) WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) |
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Kennziffer: Bio 102 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de |