- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Belletristik (Roman/Krimi)
- Zugriffe: 404

DANIEL KEHLMANN: „BEERHOLMS VORSTELLUNG“
Mit eben 22 Jahren veröffentlichte Daniel Kehlmann 1997 seinen Debütroman „Beerholms Vorstellung“. Nun zum 50. Geburtstag des längst gefeierten Erfolgsautors hat der Verlag den Einstieg noch einmal herausgebracht, vershehen mit einem Nachwort von ihm selbst.
Sein Erstling war damals kein Erfolg, obwohl er bereits wesentliche Qualitäten seines ihm eignen Stils aufblitzen ließ, allen voran der Sprachzauber, der selbst dort fesselt, wo eigentlich noch gar nichts passiert.Wie beim Einstieg hier, wenn der knapp 30-jährige Ich-Erzähler Arthur Beerholm über sein Leben sinniert.
Wozu er seit längerem täglich auf der Aussichtsterrasse eines Fernsehturms sitzt und die Geschichte seines noch jungen Lebens niederschreibt. Mit einer gewissen Gefühlskälte tut er dies und er betont zwischendurch: „Es ist gut, von niemandem abzustammen.“
Was psychologisch stimmig erscheint, denn seine Mutter gab ihn seinerzeit zur Adoption frei, der Vater ist unbekannt, und dann musste er als Kind mitansehen, wie die geliebte Adoptivmutter vom Blitz erschlagen wird. Dass er mit zehn Jahren in ein Schweizer Internat geschickt wird, schließlich in einem Kloster sich sogar der Theologie zuwendet und dann nach den strengen Exerzitien von all dem abwendet, erscheint nur zu gut nachvollziehbar zu sein.
Allerdings hatte Beerholm als Schüler Kartentricks erlernt und offenbar einiges Talent. Den Zaubertricks wendet er sich nun ganz zu und findet im Magier Jan van Rode den richtigen Lehrmeister. Und Beerholm entwickelt unglaubliche Fähigkeiten, die ihn alsbald sogar weltberühmt als großer Täuschungskünstler machen.
Wie er nun – ziemlich unzuverlässig - erzählt, scheinen sich jedoch Wirklichkeit und Illusion erheblich zu vermischen. Zudem gibt es da noch eine geheimnisvolle Frau im Hintergrund – wenn sie denn wirklich existiert. Immerhin verliert sich Beerholm in derartige Vorstellungen von sich selbst, dass er sich als Wiedergänger des mystischen Zauberers Merlin wähnt und Materie zu beherrschen meint.
Und genau diesen Beweis will er schließlich antreten, mit einem großen Sprung in die Tiefe, um die Naturgesetze außer Kraft zu setzen. Oder verlässt ihn hier doch die Vorstellungskraft? - Fazit: Daniel Kehlmanns Debüt liest sich verheißungsvoll, was es dann ja auch war. Entsprechend interessant liest sich dazu auch sein eigenes Nachwort.
# Daniel Kehlmann; Beerholms Vorstellung; 240 Seiten; Zsolnay Verlag, Wien; € 25
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)
