- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Belletristik (Roman/Krimi)
- Zugriffe: 336

RACHEL ELIZA GRIFFITHS: „WAS IHR UNS VERSPROCHEN HABT“
Für ihre Lyrik und andere Schriften wurde Rachel Eliza Griffiths bereits vielfach ausgezeichnet. Nun hat die Ehefrau von Salman Rushdie ihren erste Roman vorgelegt und auch er bezeugt ihre hohen Qualitäten als Autorin.
„Was Ihr uns versprochen habt“ lautet der Titel und am Anfang steht das Ferienende für die 13-jährige Ich-Erzählerin Cinthy Kindred und ihre zwei Jahre ältere Schwester Ezra. Ihre Familie ist neben den Junketts von nebenan die einzige schwarze hier im kleinen Salt Point an der Küste in Maine.
An diesem letzten so völlig unbeschwerten Tag als unbedarfte Teenager spielen sie noch einmal mit ihrer Freundin Ruby, die einzige Weiße, mit der sie in dem Provinznest engeren Kontakt haben. Die Schwestern sind sehr behütet aufgewachsen, wurden von den Eltern aber auch stets abgeschirmt von der weißen Bevölkerung, denn auch im Osten der USA ist das für Schwarze opportun.
Dabei unterrichtet Vater Kindred, der in seiner Jugend in Delaware seinen jüngeren Bruder und seinen linken Arm verloir, sogar an der örtlichen Schule. Die Mädchen aber ahnen nicht, dass traumatische Erfahrungen der Vergangenheit auch sie mitprägen.
Und nun kommen Änderungen nicht nur auf die Mädchen zu, für die sie nichts können. Plötzlich fällt ihr Erblühen als hübsche Teenager den weißen Jungen und Männern auf. Als dann auch noch die stets wohlwollende Klassenlehrerin stirbt und eine neue kommt, nützt der fleißigen Cinthy auch ihr unauffälliges Verhalten nicht mehr viel.
Vor allem jedoch schreibt man jetzt das Jahr 1957 und man hört vom Aufbegehren der Schwarzen in den Südstaaten, die sich gegen den massiven Rassismus auflehnen und Gleichberechtigung gemäß den neu erlassenen Bürgerrechtsgesetzen fordern.
Auch so weit im Osten beunruhigt das die weiße Bevölkerung, obwohl die Kindreds und die Junketts doch die einzigen Schwarzen hier sind und sich immer möglichst außerhalb gehalten haben. Autorin Griffiths, selbst Afroamerikanerin, macht deutlich, dass die Erzählung vom netteren, weniger rassistischen Verhalten der Weißen gegenüber den Schwarzen eine Mär ist, auch wenn es hier nicht die Exzesse wie zum Beispiel in Mississippi geben mag.
Aber auch hier kommt es zu Anfeindungen und Auswüchsen, die nicht nur die beiden Mädchen treffen. Sie wollen es einfach nicht hinnehmen, wie man sie nur wegen ihrer Hautfarbe behandelt. Doch selbst ihre bisherige Freundin Ruby aus der Unterschichtfamilie mit dem versoffenen gewalttätigen Vater steht in der gesellschaftlichen Rangfolge über ihnen.
Manche der Geschehnisse sind in ihrem widerwärtigen Rassismus nur schwer zu ertragen, zumal die Autorin sie mit einer bestechenden Prosa unausweichlich macht. Viele Jahre hat sie an diesem Roman gearbeitet und da überzeugen nun nicht nur die sehr gut gezeichneten Charaktere. Bei ihrer wunderbaren Erzählweise spürt man die preisgekrönte Lyrikerin durch, ohne dass es je seicht oder süßlich würde.
Es ist eine tragische Geschichte, die sich hier entfaltet, und es war eine kluge Entscheidung, neben der Ich-Erzählerin Cinthy einige Kapitel auch aus der Perspektive Rubys zu erzählen. Fazit: ein meisterliches Debüt mit grundsätzlich sehr ernstem Ton und zugleich wunderbarer Sprache.
# Eliza Rachel Griffiths; Was Ihr uns versprochen habt (aus dem Amerikanischen von Jasmin Humburg); 362 Seiten; Penguin Verlag, München; € 25
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)
