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LILY BRAUN-ARNOLD: „THE LAST BOOKSTORE ON EARTH“
Es ist ein Jahr her, dass der große apokalyptische Sturm vermutlich nicht nur die Ostküste der USA in eine ziemlich menschenleere Trümmerwüste verwandelte. In der hat die 17-jährige Liz die Buchhandlung in ihrer kleinen Heimatstadt in New Jersey zu ihrem Zuhause, ihrem Refugium gemacht.
Wie sie hier mit den unzähligen, inzwischen fast alle gelesenen Büchern den Alltag durchsteht und froh ist, dass immer noch vereinzelt Kunden kommen, die ein Buch gegen Nützliches wie zum Beispiel Essbares eintauschen, damit beginnt Lily Braun-Arnold ihren Jugendthriller „The last Bookstore on Earth“.
Ich-Erzählerin Liz, die als einzig Überlebende ihrer Familie tief traumatisiert ist und ihre kleines Reich seit jenem Beinah-Weltuntergang nicht mehr verlassen hat, fungiert auch als eine Art Postamt für persönliche Nachrichten, die gebracht und abgeholt werden.
Mit dem sogenannten Marinemann, der hin und wieder kommt, hat soe sogar einen Stammkunden. Der allerdings bei seinem jüngsten Besuch schlechte Nachrichten hatte und zum Abhauen ins Binnenland rät, weil ein neuer Sturm aufziehe: „Die Lage ist sehr viel schlimmer, als du denkst.“
Doch das Denken der intensiven Bücherfreundin ist mehr in Erinnerungen gefangen, sei es an das grausige Geschehen vor einem Jahr oder wie vor einiger Zeit Eva sie einfach im stich gelassen hat. Die neun Jahre ältere Freundin war ihr einziger Halt, hatte es aber satt, hier zu „versauern“.
Also verkriecht sich Liz in ihrer so brüchigen Festung mit dem Loch in der Decke und der Ladentür, deren Schloss kaputt ist. Und dann bricht Maeve in ihr Haus und ihr Leben ein, eine Streunerin mit einem Karren voller nützlicher Sachen, die eine vorübergehende Bleibe sucht.
Aus New York stammt die etwa Gleichaltrige, die offenbar schon einiges an Überlebenskampf hinter sich hat. Die Beiden begegnen sich mit viel Misstrauen, das sie nur sehr langsam überwinden. Doch Maeve ist für Liz nicht nur deshalb ein Segen, dass sie als Tochter eines Hausmeisters sehr praktisch veranlagt ist – beide empfinden eine unsägliche Einsamkeit.
Auch das lässt schließlich mehr als freundlschaftlicher Gefühle zwischen den beiden jungen frauen entstehen. Und sich einander zaghaft für Erinnerungen öffnen, auch wenn besonders Maeve offenbar so manch dunkles Geheimnis verschweigt.
Doch gerade die kratzbürstige Überlebenskünstlerin begegeht dann einen folgenreichen fehler. Sie bringt Liz dazu, mit ihr zu einem Waldgebiet zu wandern, um Frischwasser von einer Quelle zu holen. Dort aber werden sie von Waldbewohnern überfallen, die Maeve alte Verfehlungen heimzahlen wollen.
Es kommt zu einer blutigen Auseinandersetzung und die Beiden entkommen nur knapp. Und dann erscheint ausgerechnet Eva in der Buchhandlung, reagiert garstig auf Maeves Anwesenheit, hat jedoch auch ein ganz schlechte Nachricht, bevor sie sich wieder davonmacht – der neue Sturm, apokalyptischer noch als der vor einem Jahr und mit noch mehr saurem Regen, werde schon in wenigen Tagen über sie hereinbrechen.
„Der gnadenlose Countdown bis zum Sturm ist gerade um ein paar Wochen verkürzt worden.“ Um so verbissener versuchen Maeve und die unpraktische Liz, die Schäden am Haus zu reparieren. Da hinein aber platzen Eva und ihre rachsüchtigen Freunde aus dem Wald und bald auch die neue Apokalypse.
All das kumuliert in einem furiosen Finale und ob es für dieses dystopische Geschehen einen Hauch von Hoffnung geben kann, lässt hier ein spätes Zitat erahnen: „Wir sind einfach zu dickköpfig, um zu sterben.“ Und das alles wird so persönlich und atmosphärisch dicht erzählt, dass es bis zuletzt fesselt und bewegt.
Fazit. Dieser Debütroman der erst 19 Jahre alten Autorin ist ein außergewöhnliches Lesevergnügen nicht nur für Teenager sondern auch für Erwachsene. Und absolut filmreif obendrein.


# Lily Braun-Arnold: The last Bookstore on Earth (aus dem Amerikanischen von Mareike Weber); 317 Seiten, Klappenbroschur; Rotfuchs beim S. Fischer Verlag, Frankfurt;

€ 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)