- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Sachbücher
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ANDREAS KAPLONY: „GESCHICHTE DER ARABISCHEN WELT“
Arabien, das ist eine Art Sammelbegriff, wer ihn jedoch auf den Islam beschränkt, liegt gründlich falsch. Unter dem Begriff „arabische Welt“ zusammengefasst, ergeben sich historisch gesehen drei konzentrische Kreise für Arabien bzw. die Arabische Halbinsel, sämtliche arabisch-sprachigen Länder sowie die islamische Kulturgemeinschaft.
Auf dieser Grundlage hatte bereits 1987 Ulrich Haarmann sein Standardwerk „Geschichte der arabischen Welt“ aufgebaut. Angesichts neuerer Forschungen, vor allem aber angesichts der ungeheuren dynamischen Entwicklungen der gesamten sogenannten arabischen Welt hat derselbe verlag nun ein neues Gesamtwerk unter demselben Titel veröffentlicht.
Statt eines einzelnen Autors für das voluminöse Thema wurde Andreas Kaplony, Professor für Arabistik und Islamwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universtät München, als Herausgeber damit betraut. Als Co-Autoren stand ihm dabei ein 37-köpfiges Team internationaler Experten zur Seite.
Die Gesamttheamtik wurde in die Zentralräume Arabische Halbinsel, Syrien-Palästina, Irak, Ägypten und Maghreb unterteilt und nach den großen geschichtlichen Epochen angegangen. Wobei bereits offensichtlich wird, dass es „Die Araber“ in ersten Erscheinungsformen schon um 2.500 vor Christus gab, wenngleich der Begriff in Altertum und Antike vermutlich eine andere als die spätere Bedeutung hatte.
Es gab damals vergleichsweise mehrere Arabien mit teils hoch entwickelten Kulturen mit Städten, Handelsverbindungen sowie mächtigen Herrschern bis hin zu Zabibe, der „Königin der Araber“ im 8. Jahrhundert vor Christus in der Levante.
Der Übergang zu dem Weltbedeutung erlangenden Arabien kam dann allerdings erst mit dem streitbaren Religionsstifter Muhammad (ca 570-632 nach Christus), dessen Biografie jedoch mangels zeitgenössischer Aufzeichnungen historiografisch in vielen Details nur angenommen werden kann.
Mit Muhammad geht es nun in das Kapitel „Das arabisch-islamische Imperium“, das sich in seiner größten Ausdehnung vom spanischen Cordoba bis ins usbekische Buchara ausdehnte. Eine der wichtigsten und folgenreichsten Weichenstellungen für die Entwicklung zur Weltmacht nahm bereits um das Jahr 700 der Kalif Abd al-Malik vor, als er die arabische Sprache zur Amtssprache für alle Religions- und Verwaltungsangelegenheit machte.
Es folgen umfassende historisch folgenreiche geopolitische, religiöse und kulturelle Entwicklungen über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Die Herrschaften wechselten mit einer oft nur schwer zu überschauenden Zahl von Kriegen und Bürgerkriegen. Zugleich wird deutlich, dass die christlichen Kreuzzüge ab 1095 für die Geschichte der arabischen Welt im Gegensatz zur Gewichtung europäischen Geschichtsbeschreibung „eher nebensächlich“ blieben.
Anders im Übrigen als die westlichen kolonialistischen Eingriffe und die Weltkriege, die schließlich nicht nur das Osmanische Reich zerschlugen, sondern auch die geoplitische Landkarte gründlich veränderten. Andererseits wird ebenfalls erörtert, in welchem Ausmaß die arabische Kultur auch in der westeuropäischen Identität Ausbreitung fand und bis in die Gegenwart ein Teil der Globalkultur geworden ist.
So reicht der Bogen vom Altertum bis in unsere Zeit einschließlich Phänomenen wie den internationalen Terrorismus und den Islamischen Staat. Einige Karten zeigen die geografischen Veränderungen über die Epochen. Hinzu kommt ein gewaltiger wissenschaftlicher Anhang.
Fazit: Auch dieses neue Kompendium darf man unbedingt als Standardwerk zum Thema bezeichnen. Zu loben ist dabei, dass es zwar anspruchsvoll verfasst ist, das jedoch so, dass es auch für den interessierten Laien eine spannende Lektüre bietet.
# Andreas Kaplony (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt; 904 Seiten, mehrere Karten; C. H. Beck Verlag, München; € 68
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)