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MICHAEL SOMMER: „MORDSACHE CAESAR“
Der Mord an Gaius Julius Caesar am 15. März des Jahres 44 v.Chr. ist einer der folgenreichsten der Geschichte. Doch obwohl der so spektakuläre Akt bestens bekannt scheint, ist die Quellenlage erstaunlich dünn.
Dem Missverhältnis hat sich nun Michael Sommer gewidmet, Professor für Alte Geschichte an der Universität Oldenburg und ausgewiesener Spezialist für das Römische Reich. „Mordsache Caesar“ hat er sein Sachbuch überschrieben. Wenn der Untertitel dann jedoch lautet „die letzten Tage des Diktators“, gibt das nicht die große Gesamtuntersuchung wieder, mit der das Ende Caesars hier beleuchtet wird.
Sommer geht es nicht nur um die bekannten 23 Täter und die Vorgänge in jenem März. Die Folge der vier Kapitel deutet den Weg, denn er setzt rund 400 Jahre früher mit der Republik ein, nachdem man mit Tarquinius Superbus den letzten römischen König gestürzt und die Römische Republik gegründet hatte. Es folgt die Periode vor der Ära Caesars mit territorialen Expansionen, sozialen Verwerfungen im Inneren und politischen Machtkämpfen, die sogar in wiederholten Bürgerkriegen mündeten.
Schließlich das Kapitel „Verschwörung“ mit einem siegreichen Heerführer Caesar, der im Jahr 49 v.Chr. in Italien einmarschiert war und für eine Krise im politischen Rom sorgte.Und während Caesar für die Einen als Hoffnungsträger galt und für die Anderen als größenwahnsinniger Tyrann, erodierte die Republik als solche.
Die machtgewohnten Senatoren fürchteten deren Verlust durch das heraufziehende Königsstreben des charismatischen Anführers, der sich seit dem Einmarsch in nur vier Jahren zum Alleinherrscher aufgeschwungen hatte. Was folgerichtig zu Verschwörungsaktivitäten führte.
Wie ein Kriminalist geht Michael Sommer bei dieser Beweisführung all dessen vor, das in dem mörderischen Akt an den Iden des März gipfeln musste. Zu recht ist dieses Schlusskapitel mit „Attentat“ überschrieben, denn der Begriff Mord wirkt unpassend für dieses öffentliche Tat während einer laufenden Senatssitzung.
23 Täter, 23 Stiche, bis der überraschte Triumphator „zu Füßen der Pompeius-Statue verblutet.“ Und obwohl der historische Vorgang bekannt ist, wirkt das Alles in dieser Darstellung spannend wie ein Kriminalfall.
Die Tragik der Überzeugungstäter aber war: „Sie hatten mit dem Mut von Männern, aber mit dem Verstand von Kindern gehandelt.“ Ihre Pläne für die Zeit das Caesars Beseitigung waren wenig durchdacht und vorbereitet und die Folgen waren nicht nur innere Wirren und schwere Bürgerkriege: am Ende stand der Untergang der Republik und der Beginn des Römischen Kaiserreichs.
Der Autor entwirft zu den Ereignissen sowohl ein konturenscharfes Bild von Caesar wie auch zu etlichen Anhängern und Gegnern. Konkrete Indizien zum eigentlichen Attetnat allerdings konnte auch der Historiker nur erschließen, denn Niederschriften oder dergleichen sind nicht hinterblieben und hat es vermutlich aus naheliegenden Gründen auch nie gegeben. Fazit: ein ebenso fundierter wie spannender Geschichtsunterricht zu einem der prägendsten Ereignisse der Weltgeschichte.


# Michael Sommer: Mordsache Caesar. Die letzten Tage des Diktators; 316 Seiten, div. SW-Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 26
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)