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HANDA CHENG: „DIE CHINESISCHE KÜCHE“
Millionen von Nicht-Chinesen lieben chinesisches Essen und so mancher möchte es auch selbst zubereiten. Dazu hat Handa Cheng ein echtes Standardwerk herausgebracht mit 120 Rezepten und 35 Techniken, die bei der Zubereitung sinnvoll und hilfreich sind.
„Die chinesische Küche – Authentisch kochen von Shanghai bis Sichuan“ lautet der Titel und schon die opulente Aufmachung des gewichtigen Kochbuchs begeistert ebenso wie die Gestaltung mit anschaulichen Skizzen und einer Fülle von sehr appetitanregenden Fotos, die Frank Juery von den Speisen angefertigt hat.
Autor Cheng stammt aus der südostchinesischen Hafenstadt Wenzhou, lebt jedoch seit dem elften Lebensjahr in Paris, wo er sich mit vielen Aktivitäten seiner Leidenschaft widmet: der so reichhaltigen Küche seiner Heimat. In einer umfangreichen Einleitung lernt man zunächst, dass das Riesenreich immerhin 23 Provinzen hat, in denen 56 ethnische Gruppen leben.
So geht er eingangs auf die chinesischen Regionalküchen wie die Kantonesische oder der von Sichuan ein, die von einer unglaublichen Vielfalt und einer 5000-jährigen Geschichte geprägt sind. Wozu Handa Cheng aber auch betont: „Dies ist in erster Linie eine Sammlung von Familienrezepten.“
Bevor er dann auf all die Köstlichkeiten und Klassiker ein geht, unterweist er uns im Wissen um Reis und Weizen, um Chili - „das Feuer im Herzen“ - und dergleichen sowie was man wann isst. In China gilt übrigens keine klassische Einteilung wie im Westen mit Vorspeise-Hauptspeise-Nachspeise.
Das lernt man ebenso wie Hilfreiches über Utensilien zur Zubereitung und wie das Braten, das Dampfgaren und der Gebrauch des Wok am erfolgversprechendsten gehen. Im Übrigen nennt Cheng Alternativen für hier weniger gebräuchliche Gemüse und dergleichen mehr.
Wie er die Rezepte ohnehin so anschaulich beschreibt samt Schritt-für-Schritt-Anleitung und Dauer, dass sie für Hobby-Köche recht problemlos nachzubereiten sein sollten. Ob kalte Gerichte, Tofu oder Eier, Suppen, Fleisch, Fisch, Snacks oder Süßspeisen – die Palette ist hinreißend.
Hinzu kommen die Ausführungen zu Unverzichtbarem wie die große Vielfalt der Reissorten und den von Alters her allgegenwärtigen Nudeln. Was auch Kombinationen wie Reisnudeln oder Teigtaschen mit einschließt.
Lieblingsfleisch der Chinesen ist Schwein – von der Schnauze bis zum Schwanz – grundsätzlich aber haben es Vegetarier bei der chinesischen Küche besonders leicht mit dem Genießen, denn Gemüse nimmt einen ganz breiten Raum ein. Und natürlich zählt Handa Cheng eine lange Reihe von Klassikern auf vom „Mapo Tofu“ über die „Rippchen süß-sauer“ bis zu Dan-Dan-Nudeln (ähnlich den Nudeln mit Sauce Bolognese, nur viel raffinierter).
Zu allen Speisen außer den süßen lautet im Übrigen das Prinzip „Gut gewürzt ist halb gewonnen!“ Der Schwierigkeitsgrad der Rezepte reicht von ganz einfach bis aufwändig und langwierig. Und bei den Desserts liest man erfreut, dass die Palette weit mehr aufzuweisen hat als die in europäischen China-Restaurants so üblichen „Gebackenen Bananen“.
Zu erwähnen ist allerdings ein Klassiker, der hier ganz einfach fehlt: die berühmte Peking-Ente. Wozu vielleicht ein Blick ins Internet eine Erklärung bietet, denn erstens ist eine echte Peking-Ente eine ganz eigene Enten-Art und zweitens bedarf es für das sehr aufwendige Originalrezept durchaus die Fähigkeiten eines gelernten Kochs.
Aber auch ohne dieses Edelgericht darf man von diesem Kochbuch als einem umfassenden Standardwerk sprechen, das in keiner Küche Küche fehlen sollte, die sich für mehr als nur 08/15 interessiert.


# Handa Cheng: Die chinesische Küche – Authentisch kochen von Shanghai bis Sichuan (aus dem Französischen von Lisa Heilig und Wiebke Krabbe); 384 Seiten, div. Abb., Mittelformat; Dorling Kindersley Verlag, München; € 44,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)