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JOHANNES SACHSLEHNER: „WIENER HOTELS UND IHRE GEHEIMNISSE“
Wien war zwar lange Zeit als Hauptstadt des Habsburger Kaiserreichs Metropole einer der europäischen Großmächte. Wer allerdings als Gast kam und ein Logis benötigte, kam hier eher ins Provinzielle, denn zumutbare Hotels waren Mangelware und die Herbergen in der Regel unerfreuliche Einkehrgasthöfe.
Selbst zur Weltausstellung von 1873 gab es noch kein Dutzend gehobener Häuser. Dann aber setzte endlich eine Hotel-Blüte ein, die bis zum Ersten Weltkrieg ihre Hochzeiten erreichen sollte. Über diese Vorgeschichte und vor allem die dann entstehende Pracht hat der Historiker Johannes Sachslehner nun ein Sachbuch verfasst.
„Wiener Hotels und ihre Geheimnisse lautet der Titel und der Autor widmet sich darin 14 der berühmtesten Häuser. Dabei beschreibt er ni9cht nur Fakten und namhafte Gäste, er flicht auch manche amüsante Anekdote mit ein.
Als ältestes und noch heute existierendes benennt er das „Hotel Stephanie“. Zwar wurde das Haus erst 1888 nach der Kronprinzenhochzeit so getauft (von der man annahm, sie werde einst Kaiserin werden, was bekanntlich der Suizid von Kronprinz Rudolph verhinderte). Der Ursprung des Hauses reicht allerdings weit zurück als einstiges Gasthaus „Zur weißen Rose“.
Es lag im übrigen an der Taborstraße, die zu einer regelrechten Hotelroute werden sollte. Hier entstand dann auch das älteste Grand Hotel Wiens, das „Hotel National“ mit seiner wegweisenden Architektur. Hier gab es Neuerungen wie einen Aufzug, eine maschinell betriebene Wasserversorgung und sogar schon eine Art Klimaanlage. Seinen ganzen Komfort und Luxus bot dieses Haus für bis zu 200 Gäste.
Natürlich darf die Krönung Wiener Hotel-Herrlichkeit nicht fehlen, das Sacher. Wobei erst die berühmte Torte entstand, dann kam das Spitzen-Catering bis hin zur Freude gekrönter Häupter, und erst danach entstand 1876 das legendäre und noch heute prachtvolle „Hotel Sacher“, das seinerzeit zum Mittelpunkt und zur Drehscheibe des gesellschaftlichen Lebens aufblühte.
Autor Sachslehner breitet hier auch so manche Schmankerl aus, die aber hat eine andere Legende um so mehr zu bieten: das „Hotel Orient“. Das gern damit wirbt, es sei die Lieblingsabsteige unter anderem von Kaiser Franz Joseph gewesen. Was vermutlich eher ein willkommenes Gemunkel war, denn – das Haus eröffnete erst 1912 und seine Majestät waren da bereits 82 Jahre ...
Und man erfährt auch von Berühmtheiten wie Casanova, Sarah Bernhardt oder Charlie Chaplin, die hier ihre sehr unterschiedlichen Hotel-Erlebnisse hatten. Oder von einem ganz dunklen Schicksal eines berühmten Hauses: dem Luxushotel „Metropol“, das unter den Nazis zur Gestapo-Zentrale umfunktioniert wurde.
Fazit: dieses Buch mit alten Fotos aber auch prächtigen neuen von Harald Jahn bietet eine facettenreiche Zeitreise mitten durch die oft turbulente Geschichte vor allem des alten Österreich.


# Johannes Sachslehner: Wiener Hotels und ihre Geheimnisse; 240 Seiten, div. Abb.; Styria Verlag, Wien/Graz; € 35

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)